Wie alles begann... ein Blick auf die Anfänge des Landkreises Konstanz

Das heutige Kreisgebiet ist annähernd deckungsgleich mit der mittelalterlichen Hegaugrafschaft, deren Gebiet im Lauf der Jahrhunderte in verschiedene Territorien aufgeteilt wurde. Die wichtigsten historischen Herrschaftsträger waren der Bischof von Konstanz, die Landgrafschaft Nellenburg, Vorderösterreich, das Kloster Reichenau, der Deutsche Orden, das Haus Fürstenberg und die Reichsritterschaft. 1803 bis 1810 kam der Großteil des Gebiets unter badische Herrschaft.
 
In seiner heutigen Ausdehnung existiert der Landkreis Konstanz seit der Kreisreform 1973. Gegründet wurde er aber schon mit der Einrichtung der Landkreise in Baden im Jahr 1939. Damals führte die badische Regierung die staatlichen Bezirksämter als Untere Verwaltungsbehörden mit der kommunalen Selbstverwaltung zusammen. Der bisherige kommunale Kreisverband Konstanz,  dessen Gebiet auch die Bezirksämter Stockach, Engen, Meßkirch, Pfullendorf und Überlingen umfasst hatte, wurde aufgelöst; seine Aufgaben der überörtlichen kommunalen Zusammenarbeit übernahmen die neugegründeten Landratsämter.

Die große Kreisreform 1973

Landkarte von 1969 mit den Landkreisgrenzen der Kreireform
Vor der Kreisreform 1973. Bild: Landratsamt Konstanz, Bundesamt für Kartographie und Geodäsie (2023)

Ende der 1960er Jahre stand eine durchgreifende Verwaltungsreform, insbesondere auch im Hinblick auf Größe und Zuschnitt der Landkreise, schon seit Längerem auf der Agenda der baden-württembergischen Landespolitik.

Von den damals 63 Landkreisen in Baden-Württemberg galten viele als einwohnermäßig zu klein. So auch der damalige Landkreis Stockach, der zwar ein Gebiet von 613 Quadratkilometer umfasste und damit flächenmäßig annähernd so groß war wie der damalige Landkreis Konstanz, aber nur rund 53.000 Einwohnerinnen und Einwohner zählte. Dabei reichte das Stockacher Kreisgebiet von Beuren an der Aach bei Singen bis Heinstetten auf der Schwäbischen Alb. Der Landkreis Konstanz dagegen hatte in seinem alten Zuschnitt Mitte 1972 bereits eine Bevölkerung von rund 197.000 Personen vorzuweisen. Die Bevölkerungsdichte macht den Unterschied noch einmal deutlich: Während diese im damaligen Kreis Konstanz 356 Personen je Quadratkilometer betrug, kam der Stockacher Landkreis nur auf 86 Personen je Quadratkilometer.

Landkarte der gebietsgrenzen nach der Kreisreform
Nach der Kreisreform 1973. Bild: Landratsamt Konstanz, Bundesamt für Kartographie und Geodäsie (2023)

Enorme Unterschiede zwischen den damaligen Landkreisen Konstanz und Stockach

Auch  was  die  Wirtschaftsstruktur  anbelangt,  waren  die Unterschiede enorm: Im Landkreis Konstanz waren auf der Linie  Gottmadingen – Singen – Radolfzell – Konstanz eine Vielzahl von Industriebetrieben angesiedelt. Große Namen wie  Fahr,  Maggi,  Alu  Singen,  Allweiler, Schiesser, Herosé, Byk Gulden und Siemens machten diese starke Industrieachse aus. Im Gegensatz dazu gab es im weitgestreckten Stockacher Kreisgebiet verhältnismäßig wenig Industrie und die Landwirtschaft spielte ökonomisch im landesweiten Vergleich eine überdurchschnittlich große Rolle - beinahe jede fünfte Person, die einer Erwerbstätigkeit nachging, verdiente ihren Lebensunterhalt hier Anfang der 1970er Jahre noch in der Land- oder Forstwirtschaft.

Die Stockacher Hoffnung war nicht zu halten

Angesichts dieser Strukturprobleme war bald klar, dass die Hoffnung, die Stockacher Eigenständigkeit über die Kreisreform retten zu können, nicht zu halten war. So kam der südli-che Teil des ehemaligen Landkreises Stockach zum Landkreis Konstanz, die nördlichen Kreisgemeinden um Meßkirch und Stetten am kalten Markt wurden großteils dem Landkreis Sigmaringen  zugeschlagen. Planungen, dem  vergrößerten Kreis Konstanz  auch den Überlinger Raum einzugliedern, wurden dagegen nicht verwirklicht.

Der Landkreis Konstanz wächst und wächst

Als  einer  von  zwei  übrigbleibenden  baden-württembergischen  Landkreisen  am  Bodensee  wuchs  der  Landkreis Konstanz damit um mehr als die Hälfte seiner bisherigen Größe: Mit der Kreisreform kamen 31 neue Gemeinden dazu, die  bisher zum Stockacher Kreis gehört hatten, außerdem vom Landkreis Sigmaringen die vormals hohenzollerischen Dörfer Liggersdorf, Selgetsweiler, Kalkofen, Mindersdorf und Deutwang (heute Gemeinde Hohenfels) und die vorher zum Landkreis Donaueschingen gehörende Gemeinde Stetten (heute Stadt Engen). Abgegeben werden musste lediglich die Gemeinde Nordhalden (heute Stadt Blumberg). Die Gemeindegebietsreform mit ihren zahlreichen Eingemeindungen verringerte im Laufe der 1970er Jahre die Zahl der selbständigen Städte und Gemeinden von rund 100 zu Beginn auf 25 am Ende des Jahrzehnts.
 
Für die Kreisentwicklung auch der ehemals Stockacher Teile stellte sich die Kreisreform bald als sinnvolle und  zu kunftsweisende Entscheidung heraus. Mit vergrößerter Einwohnerzahl und entsprechend erhöhter Finanz- und Verwaltungskraft konnte der flächenmäßig um mehr als die Hälfte vergrößerte Landkreis Konstanz die Herausforderungen des letzten Drittels des 20. Jahrhunderts angehen.